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Lilith – Eros des Schwarzen Mondes

HANNELORE TRAUGOTT

Der erste Teil dieses Buches setzt sich mit dem Mythos von Lilith auseinander: dem Urkampf des Männlichen mit dem Weiblichen. Es wird gezeigt, was der Mensch gewinnen kann, wenn er auf die Dämonisierung des Weiblichen und die Verdrängung des Dionysischen verzichtet. Der praktische Teil ist der Beschreibung des Schwarzen Mondes – der astrologischen Entsprechung zu Lilith – in den Zeichen und Häusern bzw. in den Aspekten zu den Planeten gewidmet. Das Buch ist reich illustriert (teilweise farbig) und mit Bildern, Mythen und Fallbeispielen bestückt, die das Wesen des Schwarzen Mondes kenntlich machen – er wird auf mehreren Ebenen anschaulich dargestellt.

Erste Ausgabe 1995.
17×24 cm, geb., 240 Seiten, 3 Horoskope, 8 fg. und 29 s/w Abb

Bestellbar bei Amazon.de

Übersetzung Ungarisch:
Hannelore Traugott
Lilith – A Fekete Hold erósza

Übersetzung Tschechisch:
Hannelore Traugott
Lilit – Temná zena v našem nitru

 
 

 

“Die Kunst des Schauens
Über Leit- und Stolpersterne“

 Impulsreferat, Hannelore Traugott

Wenn der Mensch die Götter sehen will, schaut er meist nach oben.
Oben assoziieren wir mit Größe, Erhabenheit, Entwicklung –
wir streben nach oben.
Die Astrologie fusst einerseits in der Annahme, dass viele Naturmystiker, Hirten, Fischer, aber auch Priester auf den Himmel geschaut haben und versucht haben, die Zeichen da oben zu lesen. Man sah in den Sternen so etwas wie die Handschrift Gottes. Der Himmel war also ein Offenbarungsort.

Irgendwann hat der Mensch dann die Zeichen am Himmel mit Phänomenen auf der Erde in Verbindung gebracht, also er beobachtete z.B., dass – wenn der Mars besonders signifikant stand, in dieser Zeit die Tiere aggressiver waren, die Brennnesseln besonders gewuchert sind, oder dass sein Trieb deutlich stärker war …
Wir kennen diese Anschauung auch heute noch, wenn wir z.B. sagen, „heute fliegen die Schwalben tief, es wird ein Gewitter geben“ – und es ist jedem klar, dass die Schwalben das Gewitter nicht gemacht haben. Wir betrachten ihren Flug lediglich als Zeichen.

Ich möchte hier die Geschichte von dem Philosophen Thales von Milet erzählen. Er war ein Sternenkundiger.
Man sagt, er deutete eine Konstellation so, dass man davon ausgehen konnte, es müsse im kommenden Jahr extrem viele Oliven geben.
Geschäftstüchtig wie er war, kaufte er daraufhin sämtliche Olivenpressen, die er nur auftreiben konnte – und die Rechnung ging auf. Zur Erntezeit rissen ihm die Leute zu fulminanten Preisen die Pressen aus der Hand.
Eine pragmatische Haltung – durchaus legitim, und die Geschichte zeigt, dass auch früher mit den Sternen nicht immer nur die Götter besungen wurden.

Für die europäische Astrologie ist die Sternenschau des mesopotamischen Kulturraumes bestimmend.
Die Menschen dieser Völker stellten erst intuitiv, dann empirisch Ereignisse ihres Umfeldes mit Konstellationen am Himmel in Bezug.
Diese einfache, jedoch sehr kreative Kosmogonie vermischte sich später mit dem Geistesgut der griechischen Antike. Prägend waren hier die Weltbilder der Philosophen Aristoteles, Pythagoras und vor allem Plato – seine Lehre von den Urideen bzw. Archetypen ist sozusagen der geistige Überbau der Planetenlehre – und im wesentlichen heute noch bestimmend, genau so wie die Säftelehre oder die Elementelehre von Aristoteles, oder – salopp gesagt – seine 4 causen – die bilden immer noch die Basis für die 4 Quadranten im Horoskop.

Der wichtigste Autor astronomischer und astrologischer Schriften war jedoch Ptolemaios, sozusagen ein Urvater der Astrologen.

Ich führe hier gewichtige Namen an und ein Vorwurf, der immer wieder kommt, ist: „Müsst ihr Astrologen das Jahrmarktseck immer gleich mit Aristoteles kompensieren“.
Mit diesem Blickwinkel werden wir leben müssen, denn das antike hellenistische Geistesgut gehört nun einmal zum Wurzelstock der Astrologie und auch wenn nicht jeder Astrologe ein Aristoteles ist (wahrlich nicht), so finde ich es doch wichtig, zu wissen, welcher Tradition man folgt.

Kommen wir nun zu einer anderen Kommunikationsform dieses Wissens.
Die Grunderfahrung, die die Griechen vom Leben hatten, spiegeln sich in ihren Mythen wieder. Mythen sind tief in der Seele des Menschen eingegraben.

Das erfahre ich immer wieder bei meinem Maskentheater, wo über das Maskenspiel mythische Motive initiiert werden und die Teilnehmer – selbst die, die keinen bewussten Zugang zu den Mythen haben und sie gar nicht kennen – in kürzester Zeit die Energiemuster eines archetypischen Geschehens herausspielen.
Die Seele offenbart sozusagen eine archetypische Dynamik.

Das war übrigens auch mein persönlicher Zugang zur Astrologie.
Ich habe als Kind viele Mythen gelesen und wie ich zum ersten Mal mit Astrologie in Kontakt kam dachte ich: Das ist ja angewandte Mythologie.

Wie immer auch, die Planeten tragen jedenfalls die Namen der griechischen bzw. römischen Götter – Venus, Mars, Jupiter, Neptun, Pluto, Merkur und wie sie alle heißen —

Der Mensch trägt diese Bilder oder Mythen – wie immer wir das jetzt nennen – in sich und projizierte sie also auf den Himmel, den Sitz der Götter. Die Planeten sind sozusagen äußere Repräsentanten seiner inneren Kräfte, sind Abbilder seiner Seele. Die Sterne sind aus diesem Blickwinkel Symbole, die nun gedeutet werden.

Damit kommen wir zu einem wesentlichen Thema:

Astrologie und die Deutungskunst.
damit sind wir beim Begriff: KUNST

Ich sage jetzt nicht – Astrologie ist Kunst,
für mich nehmen nämlich beide ein eigenes Universum in Anspruch.

Ich verwende aber immer einen Hilfsausdruck und sage:

Astrologie ist eine Schwester der Kunst, denn gewisse Gesetzmäßigkeiten eines künstlerischen Prozesses treffen hier definitiv zu.

Das beginnt schon mit der Schau:

Horoskop heißt Stundenschau –
vom griechischen hora, die Stunde und skopein – schauen

Ein Horoskop ist ein Abbild der Konstellationen am Himmel,
zeigt das Zusammenspiel der Sterne, es ist ein Messinstrument für Chairos, was soviel wie Zeitqualität meint, zeigt also auf, welche Qualität in einer Zeit angelegt ist.
Der Astrologe deutet, interpretiert das dann.

Die Schau verlangt einen Wissenden, einen, der offen ist – offen auch für Neues und doch ein Wissender – aus der Erfahrung.

Das im Unterschied zum Kind, das auch offen aber noch unkonditioniert in die Welt blick, oder zum Glotzenden, der im Wesentlichen nur auf die Mattscheibe seiner fertigen Vorstellungen blickt.

SCHAUEN IST ALSO EIN KREATIVER PROZESS
und ein wesentlicher Bestandteil der Deutungskunst

Die Kunst der Horoskopdeutung erfordert neben dem Schauen natürlich auch handwerkliches Können, Fertigkeit. Das in Abgrenzung zum einmaligen Wurf

Der Astrologe muss heute nicht mehr Astronom und Mathematiker sein, um sich ein Horoskop erschließen zu können, all das übernimmt heute weitgehend der Computer, und was den Sternenhimmel betrifft, können die meisten nur Sonne und Mond da oben identifizieren.

Trotzdem: Astrologie zu lernen bedeutet auch heute noch, in ein umfangreiches Wissensgebiet einzusteigen, folgerichtiges Denken ist genau so gefragt wie assoziative Fähigkeiten.

ASTROLOGIE IST KEINE WAHRSAGEREI –

allzu oft rutscht sie in dieses Eck –
da im Jahrmarktsgeschehen eine Unterscheidung kaum relevant ist
aber auch, weil oft das Eine für das Andere ausgegeben wurde,
speziell von denen, die beides nicht können …..

Es gibt natürlich hellsichtige Menschen –
nur, das ist nicht Astrologie.

Und Astrologie ist nicht Intuition,
obwohl es dem Astrologen natürlich hilft, wenn er intuitiv ist.

Eine astrologische Deutung ist ein schöpferischer Prozess, und natürlich geht die Astrologie immer durch das Prisma des Astrologen, gefärbt von seinem Weltbild und natürlich von seinen Werten.

Dementsprechend groß ist der Spannungsbogen bzw. das Niveau in der Astrologieszene, Sie finden hier alles, vom weiten Land bis zum Schrebergarten.

Dazu möchte ich anmerken:
gerade Schrebergärten können oft Geborgenheit schenken
auf der anderen Seite:
die Astrologie kann nicht immer etwas für ihre Repräsentanten.

Frühe Astrologen hatten ein hohes Bildungsniveau. Eine der ersten bekannten Astrologieschulen gab es in Kos, sie wurde geleitet von einem Mann der Berossos hieß, ein Meister der Mathematik, Astronomie, Philosophie, und eben der Astrologie, eine damals übliche Mischung.

Frühe Astrologie- und auch Philosophieschulen achteten darauf, dass es keine Trennung zwischen Philosophie und Lebensvollzug gab. Die Schüler wurden in kultisches Geschehen eingebunden, mussten Prüfungen absolvieren, die sie geistig, seelisch und auch sinnlich forderten. Eine umfassende Wahrnehmung war wichtig.

An dieser Stelle noch eine kleine Geschichte

Es ist die der berühmten thrakischen Magd
(ob sie so berühmt ist weiß ich jetzt gar nicht).

Jedenfalls diese Magd beobachtete, wie ein Philosoph durch die Gegend ging und immer nur auf den Himmel und die Sterne blickte. Dabei übersah er eine Zisterne, in die er prompt hineinfiel. Der Spott der Magd war ihm sicher, da er nur den Himmel erkundete, aber das zu Füssen Liegende gar nicht bemerkte.

Eine wichtige Geschichte für Astrologen (ich schenk sie aber auch den Ärzten).

Mit der Astrologie können Sie sich natürlich auch vor dem Leben verstecken – dann ersetzen die Ephemeriden die Lebenserfahrung und in den Adern fließen nur Symbole.

Ich halte neben der Bildung die Erfahrung und den sinnlichen Bezug zur Welt für eine wichtige Voraussetzung für einen guten Astrologen. Ansonst wird leicht ein diffuser Esoterikcocktail oder intellektuell verbrämte Blasiertheit daraus.

Übrigens, der Philosoph, der in die Zisterne gefallen ist, soll ebenfalls Thales von Milet gewesen sein. Ich frage mich aber, ob das stimmt, denn die Geschichte mit den Olivenpressen zeigt, dass er den Blick auch hervorragend auf den Boden der Tatsachen richten konnte und er hat ja aus den Sternen reichlich Sterntaler gemacht.
Er ist sozusagen eine Gallionsfigur für alle Wirtschaftsastrologen.

Doch worauf will ich letztlich hinaus?

Der Mensch versucht die Welt zu deuten –
verspricht sich so Kontrolle, Sinn, Gestaltungsmöglichkeiten –
was auch immer.

Er hat mit der Astrologie ein Instrument, um die Qualität einer Zeit erfassen zu können. Der Sternenhimmel ist der Bezugsrahmen, er liest die Zeichen. Der Astrologe deutet die Sterne, die in diesem Sinne Symbole am Himmel sind.

Ich persönlich finde den Samen und auch die Wurzeln einer Sache sehr aussagekräftig, denn eine Sache kann zwar später blühen oder degenerieren, nur sie kann sich nicht sehr weit von der Wurzel entfernen.

EINE WURZEL DER ASTROLOGIE liegt einerseits

bei den Naturmystikern,
Weltbeobachtern,
dem sinnlichen Erfahrungsmenschen –

und andererseits

bei den Philosophen,
den Mythologen,
dem Menschen mit einer Fähigkeit zur Innenschau

Die Zeichen am Himmel und unser innerer Himmel müssen in Bezug
gebracht werden.
Ein guter Astrologe wird dadurch auch ein Erfahrungsmensch sein,
der einen sinnlichen Bezug zur Welt hat.
Er wird „schauen können“ und einen schöpferischen Bezug zu seinem Innen haben.
Wenn das kultiviert wird und man sich dessen immer wieder besinnt, ist eine gute Fruchtfolge wahrscheinlicher.

Und jetzt zum Pflücken der Frucht:

Der Gestaltungsmensch wird Astrologie als Orientierungshilfe nutzen,
um für kommende Themen eine adäquate Lebensarena zu finden –

das zum Leitstern.

Die Stolpersterne sind klar:

Es gibt Menschen, die Verantwortungen liebend gerne abgeben.
Die wollen auch von einer Wahlmöglichkeit nichts wissen.
Sie verschieben mit der Astrologie nur die Ausreden, statt dem Papa ist dann der Saturn schuld – und sie haben lieber jemanden der sagt, wo es lang geht und der ihnen Entscheidungen abnimmt.

Dieses Begehren wird ja derzeit von einer grauenhaften Szene bedient,
in einem Reißverschlußverfahren, d.h. es braucht beide Seiten, damit es funktioniert.

Dann gibt es anderereseits sehr abhängige Menschen, die wenig Verwirklichungsmöglichkeiten haben.

Wenn Sie so jemandem sagen, dass im nächsten Jahr große Veränderungen anstehen, wird er naturgemäß Angst bekommen, denn ohne Gestaltungskraft sieht er sich ja nur als Opfer der Umstände.
Kurz: wenn er nicht handeln kann oder will, dann kann die Astrologie
sogar Gift für ihn sein.

Der Mensch braucht eine gewisse Reflektionsfähigkeit, Handlungsvermögen und Mündigkeit, um die Astrologie sinnvoll nutzen zu können.

Der Unterschied liegt also zwischen:
schicksalsergeben oder sein Schicksal gestalten –
soweit es eben geht.

Und ich möchte dazu abschließen mit einem Satz von Oswald Spengler:

DIE SCHICKSALSIDEE VERLANGT LEBENSERFAHRUNG,
NICHT WISSENSCHAFTLICHE ERFAHRUNG,

sie verlangt die DIE KRAFT DES SCHAUENS, NICHT BERECHNUNG

sie VERLANGT TIEFE

ich gestatte mir, das zu ergänzen:

… sie verlangt Beherztheit und Leidenschaft

herzlichen Dank